Die gemeinsamen Aufführungen sind ihnen Inspiration und Herausforderung zugleich: Studierende der Musikhochschule probieren sich als Solisten, das Lübecker Kammerorchester arbeitet mit jungen, spielfreudigen Künstlern. Nun laden MHL und LKO zum Herbstkonzert.
LN, Hannah Detlefsen, 11.11.2024
Lübeck. Blutjung ist Vincent Dettenborn, das sieht man ihm an – aber sein Musikinstrument, die Trompete, beherrscht er schon wie ein Profi. Selbstbewusst steht der 18-Jährige vor den Musikern des Lübecker Kammerorchesters (LKO), die mit ihm als Solisten für die diesjährigen Herbstkonzerte an der Musikhochschule Lübeck (MHL) und im Hotel Atlantic Grand Hotel in Travemünde proben.
Einmal unterbricht Dettenborn, bittet um eine klare Absprache bei einem bestimmten Einsatz. Dirigent Bruno Merse folgt ihm aufmerksam, und vereinbart mit den Musikern, wie das umzusetzen ist. Die Stelle wird erneut angespielt – und es klappt. Merse nickt zufrieden, Dettenborn schaut dankbar in die Runde.
Es sei schon etwas Besonderes, das Stück mit einem so großen Orchester spielen zu dürfen, sagt Dettenborn, der Jungstudent an der MHL und unter anderem Jugend- musiziert-Preisträger ist. Die Energie, die so ein Klangkörper bringt, sei für den Solisten beflügelnd. Und das wiederum spürt auch das Orchester. Dieses Geben und Nehmen und das Miteinander zwischen den musizierenden Laien und den Solisten von der MHL ist bei den Projekten des LKO durchaus Konzept.
„Es nennt sich zwar immer noch Lübecker Kammerorchester“, erzählt Marina Oepen. „Aber mittlerweile ist es ein echtes Sinfonie-Orchester.“ Oepen spielt in den zweiten Geigen. Erst spät hat sie im Alter von 14 Jahren die Liebe zum Streichinstrument gefunden, das war vor 54 Jahren. Seitdem spielt sie leidenschaftlich Geige, seit rund acht Jahren ist die ehemalige Musiklehrerin im LKO.
Die Kooperation zwischen der MHL und dem LKO existiert bereits seit 2016. Die Idee in der Musikhochschule aufgrund der Anforderung im Musikstudium: Um ihr Studium bestehen zu können, müssen Studierende entweder einen Solisten-Abend präsentieren oder in einem Solo-Konzert von einem Orchester begleitet werden.
Mit dem LKO habe sich ein festes Orchester gefunden, mit dem die Studierenden diese Aufgabe vor ihrem Abschluss meistern können, sagt Susanna Pröpsting von der Musikhochschule. Und das in verschiedenen Rollen: in einem Instrumental- oder Gesangssolo etwa oder durch die Möglichkeit, ein selbst komponiertes Stück einzubringen, das das Orchester dann spielt. Oder, indem der Dirigent „den Dirigentenstab für ein Stück an einen Studierenden übergibt“.
Für das LKO als halbprofessionelles Orchester aus musikbegeisterten Lübeckern, die neben dem Mitwirken im Orchester meist beruflich etwas ganz anderes machen, bietet die Zusammenarbeit die Möglichkeit, ihre Stücke im Großen Saal der MHL vorzutragen und mit jungen Talenten zusammenzuarbeiten.
Die Entwicklung der Studierenden im Laufe der Proben sei spannend zu beobachten, erzählt Hagen Sommerfeldt. Er spielt Horn und ist auch Vorsitzender des Orchesters, das heute aus 50 bis 70 Mitgliedern besteht. „Wir geben den Solisten Tipps, aber auch viel freie Hand.“ Die MHL schätze das LKO als verlässlichen Partner – auch dadurch, dass die Musiker des Orchesters die Stücke bereits vor den Proben in Eigenregie einstudieren.
„Die Zusammenarbeit ist eine feste Säule für das Orchester“, sagt auch Bruno Merse, Dirigent des Kammerorchesters. Er betont, dass bei den Orchestermitgliedern von Laien keineswegs die Rede sein kann: „Die Mitglieder des Orchesters spielen wie die Profis.“ Dadurch könne Merse ein „wunderbares und weitreichendes Repertoire“ erarbeiten. Und Merse macht in der Arbeit mit dem Orchester keine Abstriche. Er fordert von den Musikern das, was den Werken gerecht wird: Tempo, Dynamik, Genauigkeit – alles, was man auch von Profis erwarten würde.
In diesem Herbstkonzert führen das LKO und die MHL drei Stücke auf: Von Felix Mendelssohn Bartholdy „Meeresstille und glückliche Fahrt“, das Trompetenkonzert von Arutjunjan und schließlich die 5. Sinfonie von Dmitrij Schostakowitsch.
Oepen beschreibt die Stücke des Konzerts: Mendelssohns Ouvertüre sei eingängig und leicht. Das Trompetenkonzert mit Dettenborn als Solist beeindrucke durch seinen Rhythmus: „Es geht ins Blut und sofort in die Seele.“
Die Sinfonie von Schostakowitsch sei das herausforderndste Werk, sowohl musikalisch als auch emotional. „Es ist nicht immer schön – manchmal laut, manchmal traurig – aber ein tolles Stück zum Spielen“, sagt Oepen.
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LN, 14.11.2023
Auftritt wie die Profis: Das LKO konzertiert mit Pianist Elias Opferkuch
Das Lübecker Kammerorchester spielt am Wochenende Tschaikowski, Dvorak, Liszt und Rachmaninoff
Von Friederike Grabitz INNENSTADT / TRAVEMÜNDE
Eigentlich ist ein Kammerorchester deutlich kleiner als ein Sinfonieorchester. Das Lübecker Kammerorchester (LKO) passt jedoch nicht so recht in diese Kategorie: Es hat elf Blech- und zwölf Holzbläser, bis zu drei Schlagzeuge und vierzig Streichinstrumente. Wenn die Streicher zusammen Tschaikowskis Klavierkonzert anstimmen, ist das schon ein mächtiger Klang.
Passenderweise wird das erste Klavierkonzert des russischen Komponisten auch nicht zu den Kammermusik-Partituren gezählt, ebenso wie die „Legende No. 10″ von Antonin Dvorak. Diese Stücke wird das Lübecker Kammerorchester, mit der zweiten Suite von Rachmaninoff und dem ersten Satz der Faust-Sinfonie von Franz Liszt, am kommenden Wochenende im Großen Saal der Musikhochschule und im ATLANTIC-Hotel Travemünde aufführen: Damit führt der Klangkörper seine Zusammenarbeit mit der Lübecker Musikhochschule weiter, die Studenten die Möglichkeit gibt, Solo-Werke mit Orchesterbegleitung aufzuführen. Die LN durften am Wochenende bei der Probe zuschauen und erlebten, wie der Dirigent und Künstlerische Leiter des Kammerorchesters, Bruno Merse, den Stücken den Feinschliff gibt. Es ist das letzte von vier Proben-Wochenenden mit diesem Programm.
Der dritte Satz von Tschaikowskis Klavierkonzert schraubt sich temporeich und komplex nach oben, mit rasch wechselnden Einsätzen von Oboen, Fagott, Streichern. „Hier wart ihr eine Viertelnote zu früh“, sagt Merse . „Ich weiß, ihr habt heute schon viel geprobt. Aber hört euch bitte gegenseitig zu.“ Elias Opferkuch am Solo-Flügel wiederholt die Sequenz geduldig noch zwei weitere Male. Dann
ist Merse zufrieden, lächelt, es geht weiter.
Das Klavierkonzert steht par excellence für ein romantisches Meisterwerk und zählt zu den berühmtesten Kompositionen der Musikgeschichte. Mit seinen rasanten Oktav-Gängen und langen Solopassagen fordert es zudem höchste Virtuosität vom Interpreten. Mit dem Konzert verbindet Elias Opferkuch, der zurzeit in der Klasse von Prof. Konrad Elser studiert, sehr viel: „Es ist das erste große Klavierkonzert, das ich in meiner Jugend mit Orchester spielen durfte. Umso mehr freue ich mich, es nun am Ende meines Studiums erneut spielen zu dürfen.“ Als Solist trat Opferkuch mit renommierten Orchestern auf und wurde zu Aufnahmen und Livemitschnitten in die Rundfunkstudios des SWR und NDR eingeladen. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und erspielte sich Preise bei nationalen und internationalen Wettbewerben – auch als Mitglied im Klavierduo „Oskar“, das er 2022 zusammen mit der Pianistin Susanna De Secondi gründete.
Es ist ein Stück, das man genau kennen muss. um es aufzuführen, sagt der Dirigent, Er selbst kennt es auch aus Orchester-Perspektive. Seine musikalische Karriere begann unter anderem als Konzertmeister der Lübecker Philharmoniker. Jetzt ist er erster Solobratscher der Hamburger Symphoniker und hat genau dieses Werk dort vor Kurzem aufgeführt.
Eigentlich sei das Werk zu schwer für halbprofessionelle Musiker wie die des Kammerorchesters, sagt er. Das Orchester besteht hauptsächlich aus Studierenden, Musiklehrern und Laien. Doch seine Stück-Auswahl funktioniert, denn die Lübecker Musiker „sind motiviert und üben sehr gut“, lobt Merse. Diese Spiefreude dürfen sie in ihren beiden Konzerten am Wochenende unter Beweis stellen.
Ein Ballsaal in Opernstimmung
Lübeck – Travemünde: Der festliche Ballsaal des Atlantic Grand Hotel Travemünde wurde am Sonntag nicht nur zum Opernsaal, sondern auch zum Treffpunkt vieler Opernfreunde aus der Region und gab der ersten Operngala den würdigen Rahmen und eine begeisternde Akustik.
Die diesjährige Operngala des Lübecker Kammerorchester, in Kooperation mit ausgewählten jungen SängerInnen der Musikhochschule Lübeck, war vollständig ausverkauft! Hoteldirektor Kay Plesse und der Präsident der Musikhochschule Lübeck, Prof. Rico Gubler, begrüßten entsprechend erfreut alle Gäste, wissend, dass es auch jetzt noch nicht selbstverständlich ist, zu öffentlichen Veranstaltungen dieser Art, eine so große Zahl an Gästen begrüßen zu dürfen.
Schon vor Beginn des Programmes war die Spannung des Publikums mit Händen zu greifen, man kannte sich aus und man wusste, was man erwarten dürfte. Nach der orchestralen Meistersinger-Ouvertüre, nahm das Programm mit den ausgesuchten Arien seinen verzückenden Lauf – es wechselten anspruchsvollste Stücke von Wagner, Weber, Bizet, Massenet, Mozart, Verdi, Bellini, Leoncavallo und Gounod, alle von den jungen, tollen SängerInnen vorgetragen in der speziellen Situation, die ganze Künstlerschaft nur in einer einzigen Arie darstellen zu können…
Es gelang ihnen allen und ihr Erfolg, gemessen am ausgiebigen Beifall des Publikums, ließ das Stimmungsbarometer im Saal permanent ansteigen! Der Ballsaal tauchte den Klang des Orchesters in die schönsten Farben und gab dabei den Sängern wohltuende Unterstützung. Seinen ganz besonderen Anteil am großartigen Gelingen der ersten Operngala aber hatte der agile Dirigent Bruno Merse, welcher mit Feinfühligkeit die jungen Sänger „führte“, seinem Orchester ein verlässlicher Impulsgeber war und mit seiner bewundernswerten Opernaffinität erst dem Konzert diese italienische Atmosphäre verlieh.
Das Publikum beschloss das Konzert mit ganz großem Beifall sowie mehr als verdienten „Standing Ovations“ für das Orchester und die Solisten – schon jetzt freut man sich auf Folge-Konzerte!
Die Plätze im Ballsaal waren ausverkauft, für die Musiker gab es viel Beifall. Foto: Atlantic Grand Hotel Travemünde
Das Lübecker Kammerorchester in der Musikhochschule
Das Lübecker Kammerorchester, 1996 gegründet, hat sich längst zu einem ausgewachsenen Sinfonieorchester aus professionellen Musikern und ambitionierten Amateuren entwickelt. In der Kooperation mit der Musikhochschule bietet der Klangkörper Studierenden Gelegenheit, in der Solistenrolle praktische Erfahrung zu sammeln, wofür sie sich vorher in einem hochschulinternen Wettbewerb qualifiziert haben. Wegen der Corona-Krise hat das Orchester seit zwei Jahren kein Konzert mehr gespielt, was zu keinem Qualitätsverlust geführt hat. Im jüngsten Konzert präsentierten sich nun im Großen Hochschulsaal die Violinistin Carla Winter, die Kontrabassistin Karina Tschirner und der Fagottist Aaron Schuirmann unter der Leitung von Bruno Merse. Die Streicher spielten ein „Gran Duo Concertant“ von Giovanni Bottesini, dem „Paganini des Kontrabasses“. Virtuos nahmen die Solistinnen das an eine Gesangsszene erinnernde Werk, die Violinistin Carla Winter stieg zupackend und brillant in höchste Höhen auf, meisterte das Laufwerk sowie die kantablen Episoden in gutem Zusammenspiel mit der Kontrabassistin Karina Tschirner, die etliche Extremlagen durchmaß und sich auch in Begleitphasen bewährte. Virtuose und lyrische Stellen in rhapsodischen Soli wechselten sich eindrucksvoll ab. Der Fagottist Aaron Schuirmann zeigte sich als klangschöner Gestalter mit feinen Pianotönen und dynamischer Delikatesse. Er präsentierte sich in Webers „Andante e Rondo ungarese“ als Virtuose mit sprudelndem Laufwerk und rasanten Spielphasen, in der Variationenfolge des Andante ausdrucksstark das Thema umspielend, im Rondo als bunter Wechsel von Couplets und Refrains. Schuirmann meisterte das Stück mit Bravour und erwies sich als vielschichtiger Meister seines Instruments in Beweglichkeit und Tongebung.
Zwei Orchesterouvertüren von Tschaikowsky rahmten das Programm. Das Charakterportrait „Hamlet“ malte das Orchester mit großen Knalleffekten, mit gespannten Steigerungen und Abstürzen unter der Leitung des exzessiven Bruno Merse. Sehr schön das Oboensolo, ein Abbild der Ophelia, als Kontrast im aufbrausenden Tutti. Die sinfonische Fantasie „Francesca da Rimini“ thematisiert den fünften Gesang des „Inferno“ aus Dantes „Göttlicher Komödie“. Die Hölle und Qualen der Verdammten malte das Orchester bildkräftig in voller Besetzung aus, den Höllensturm und das Klagegeschrei, um dann im Mittelteil die tragische Liebesgeschichte von Francesca und Paolo auszubreiten, mit schönem Klarinettensolo und milden Streichern. Beim katastrophischen Finale holte das gesamte Orchester mit schwerem Blech voll aus und lieferte einen effektvollen Schluss des Konzerts. Im März 2022 folgt ein weiterer Abend, sofern die Bedingungen danach sind.
Wolfgang Pardey
Ein Streifzug durch den Reichtum der Oper
Als „Operngala“ mit dreizehn Studierenden der Gesangsklassen firmierte diesmal das Kooperationsprojekt von Musikhochschule und Lübecker Kammerorchester. Das Ensemble hatte bisher meist Sinfonik und Instrumentalkonzerte gespielt. Nun hieß es, sich blitzschnell auf unterschiedliche Stimmcharaktere und auf ganze neunzehn Programmpunkte einzustellen. Beides meisterte das Orchester schwungvoll. Und natürlich ist es vor allem für die jungen Sängerinnen und Sänger eine Herausforderung, aus dem Stand eine Höchstleistung mit großem Orchester samt Dirigent zu bringen – wertvolle Erfahrung für den Berufsalltag. Dem Publikum wurde ein bunter Strauß von Vokalindividualitäten, Stimmfächern und Timbres präsentiert, die sonst in kompakter Vielfalt kaum aufeinander treffen. Kein Wunder, dass der Große Hochschulsaal ausverkauft war und die jungen Vokalisten aus den Klassen von Manuela Uhl, Franz-Josef Einhaus, Isabel Schaarschmidt und Birgit Calm heftig gefeiert wurden.
Johannes Pietruska und Eungdae Han brachten angenehm „Zauberflöten“-Arien, Stücke aus Mozarts „Figaro“ gestalteten mit aparter Stimmfarbe Recio Reyes sowie lyrisch fein Lea Bublitz. Jasmin Delfs gab kraftvoll und bühnenwirksam die „Olympia“-Arie Offenbachs. Eindringlich sang Maria Skandalidou Bellinis „Giulietta“-Arie; mit Daniel Schliewa, der sich zudem bei Wagners Erik-Cavatine bewährte, schweifte intensiv das Duett aus Puccinis „La Boheme“. Begonnen hatte der Abend mit Rossinis Ouvertüre „Die diebische Elster“, Trommelakzente und sprudelnde Stimmung. In Orchesterstücken von Puccini (,.Manon Lescaut“), und aus Wagners „Ring“ zeigte sich unter Bruno Merses Leitung das profunde Können der Instrumentalisten.
Bei den Vokalsolisten begeisterte nach Husein Atfahs gepfefferter „Figaro“-Arie aus Rossinis „Barbier“ vor allem die dramatische, gereifte Intensität von Dorothea Bienert (Massenet, Charlotte) und Xuebin Cheng (Wagner, Erda); auch Zixing Zhang deutete angenehm Donizettis Edgardo-Auftritt. Herausragend vertiefte sich Marius Pallesen in die Arie „Winterstürme“ aus Wagners „Walküre“ – ein großes Talent. Die letzten Töne allerdings gehörten Verdis „Brindisi“ aus „La Traviata“ mit Camilla Ostermann und Zixing Zhang, schließlich als Tutti aller Solisten. Eine doppelte Zugabe des Trinklieds in aufgekratzter Atmosphäre.
Wolfgang Pardey
Eine Uraufführung zwischen Musik aus Amerika und Russland
Vor zwei Jahren hatten die Musikhochschule und das Lübecker Kammerorchester ein Bündnis geschmiedet, das beiden Seiten Vorteile beschert. Dem Orchester, längst zu sinfonischer Größe gewachsen, bieten sich attraktive Auftritte im Großen Hochschulsaal, den Studierenden Spielmöglichkeiten mit einem semiprofessionellen Klangkörper. Nun wurde die Kooperation um zwei Jahre verlängert und mit einem Konzert besiegelt, das konzeptionelle Weite spiegelte – von Amerika bis Russland, dazwischen als Uraufführung die Musik einer chinesischen Komponistin, die einen hochschulinternen Wettbewerb gewonnen hatte. Seit 2014 studiert Leyan Zhang bei Dieter Mack an der MHL, nach umfangreicher Ausbildung in Klavierspiel und Komposition schon als Kind in China. „P.I.C.C.“, was für Passion, I, Change, Contrast steht, heißt ihr Werk für Schlagzeug und großes Orchester. Abkürzungen als Werktitel werden modern. Atmosphärisch wirkte die Musik klar gegliedert, dabei emotional und voller spannungsvoller Dialoge zwischen dem konzentriert gestaltenden Kammerorchester und der agilen Solistin Irini Aravidou (Studentin von Johannes Fischer). Sie entlockte den Trommeln sowie der Marimba, deren Hölzer auch mit einem großen Bogen gestrichen wurden, vielschichtige Klangwelten zwischen knackiger Präsenz und geisterhaftem Schweifen. Ein vorbildliches Engagement für taufrische Musik, das reichen Beifall
fand.
Ausgezeichnet wirkte zudem Gershwins berühmte Rhapsody in Blue mit dem legendären Klarinettenglissando zu Beginn und dem achtzehnjährigen Klaviersolisten Jonas Benedikt Klein aus der Klasse Manfred Aust. Brillant meisterte er den speziellen sinfonischen Jazzsound nicht nur technisch – vor allem stimmten Sentiment, Klangfarben, schweifendes Glitzern und Impulsivität. Zu exzellenter Form lief das Orchester auf, das spürbar animiert den musikalischen Fluss vorantrieb und den raffiniert sinnlichen Streicher- und Bläsersound entwickelte. Der souveräne Bruno Merse am Pult steuerte das Ensemble exakt durch beide Werke. Natürlich, Leonard Bernstein ist Jubilar des Jahres, sein hundertster Geburtstag. Einleitend zeigte sich bei den Sinfonischen Tänzen aus der „West Side Story“, welche Ansprüche die nervös oszillierende Musik an die Ausführenden stellt in rhythmischer Prägnanz und der Fähigkeit zu punktgenauen Stil- und Ausdruckswechseln.
Am Ende gab es eine Begegnung mit Schostakowitschs Sinfonie Nr. 1, der Diplomarbeit für das Leningrader Konservatorium in sowjetischer Zeit (1924-25). Das traditionell gearbeitete Stück bietet jedem etwas und spiegelt schon die Polystilistik samt grotesken, doppelbödigen Zügen, die das Überleben des Komponisten im System möglich machte. Neoklassizistische Polyphonie, doppelbödige MahlerSphäre samt Düsternis, furiose Wirbel und den politisch notwendigen strahlenden Schluss brachte das Kammerorchester in allen Stimmgruppen vorzüglich, immer wieder angefeuert vom Dirigenten Bruno Merse.
Wolfgang Pardey
Studierende konzertieren mit Kammerorchester
Sonnabend erklingen Werke von Bernstein, Gershwin und Schostakowitsch – Uraufführung „P.I.C.C.“ für Schlagzeug und Orchester
Die Musikhochschule Lübeck (MHL) setzt ihre Kooperation mit dem Lübecker Kammerorchester (LKO) fort und lädt am Sonnabend zum Sinfoniekonzert ein. Unter Leitung von Bruno Merse erklingen ab 19.30 Uhr im Großen Saal Werke von Bernstein, Gershwin und Schostakowitsch.
Das Bündnis von MHL und LKO wurde vor über einem Jahr geschmiedet, und beide Seiten sprechen seitdem von einer ausgesprochenen „Win-Win-Situation“. Denn die Studierenden können gemeinsam mit den Sinfonikern musizieren und die unverzichtbare Bühnenluft schnuppern. Und das Kammerorchester wiederum hat mit dem Großen Saal eine attraktive Auftrittsmöglichkeit in Lübeck. Nun also auf zum nächsten Konzert am Sonnabend, das mit dem Werk „P.I.C.C.“ für Schlagzeug und Orchester eine echte Uraufführung bietet. Es stammt aus der Feder von MHL-Studentin Leyan Zhang, die dafür einen hochschulinternen Kompositionswettbewerb bestehen musste.
Der Werktitel steht für Passion I, Change und Contrast. Mittelpunkt des Werks ist die Trommel, gespielt von Solistin Eirini Aravidou aus der Schlagzeugklasse von MHL-Professor Johannes Fischer. Mit George Gershwins „Rhapsody in Blue“ präsentiert das LKO ein musikalisches Kaleidoskop Amerikas, aus Jazz und Unterhaltungsmusik. Am Klavier sitzt der 18-jährige Lübecker Jonas Benedikt Klein, der als Vorstudent am Institut für Schulbegleitende Musikerziehung der MHL unterrichtet wird. Abschließend erklingt Dmitri Schostakowitschs erste Sinfonie op. 10. Es war sein Abschlusswerk am Leningrader Konservatorium und wurde gleich ein großer Erfolg.
Das LKO wurde 1996 gegründet und entwickelte sich zu einem ausgewachsenen Sinfonieorchester, das professionelle Musiker und ambitionierte Amateure zu einem Klangkörper vereint. Chefdirigent ist Bruno Merse, der seine musikalische Karriere unter anderem als Konzertmeister der Lübecker Philharmoniker begann.
Junge Sängerinnen und ein prominenter Solist
Im Aufwind segelt das Lübecker Kammerorchester (LKO), seitdem die Kooperation mit der Musikhochschule (MHL) Konzerte im Großen Saal an der Trave ermöglicht und herausragende Solisten mit der semiprofessionellen Formation konzertieren, die längst zu einem großen Sinfonieorchester gewachsen ist. Am 11. März trat Ludwig Quandt auf, Solocellist der Berliner Philharmoniker, der in Lübeck aufgewachsen ist und sein Studium bei Arthur Troester an der MHL absolvierte. Drei reizende Gesangssolistinnen vertraten die musikalische Jugend, weit fortgeschrittene Studentinnen, die herzerfrischend „Chants d’Auvergne“ von Marie-Joseph Canteloube brachten – Skurriles und Nachdenkliches aus dem Landleben in okzitanischem Dialekt. Meike Buchbinder sang mit ausgreifend leuchtendem Sopran das freche Lied „Anton“, dann lyrisch-hintersinnig „Unglücklich ist, wer eine Frau hat“ und schöpfte dabei aus enorm fülligem Stimm-Material. Impressionistisch schweifen ließ Lisa Ziehm „Bailero“ mit raffiniert getöntem Soprantimbre, um dann kokett das Lied „Der Bucklige“ in den Saal zu pfeffern. Die Altistin Annemarie Wolf schattierte eindringlich in dunkel-warmer Tönung die schmerzerfüllte Sphäre von „Die Verlassene“. Zum großen Erfolg trug der schillernde Klang des Orchesters bei, aus dem sich die Solobläser schön heraushoben. Bruno Merse feuerte sein Orchester markant an. Auch Brittens „Four Sea Interludes“ gefielen, intensive Naturbilder, die Seelenstimmungen spiegeln in farbiger Instrumentation. Streicher, Flöte und Harfe malten spannungsvoll „Dämmerung“, gefolgt von Glockenallusionen („Sonntagmorgen“), fahl schweifendem „Mondschein“ und impulsiv brausendem Orchestertutti in „Sturm“. Feinsinn, Nachdenklichkeit und Eleganz breitete Ludwig Quandt in Dvořáks Violoncellokonzert h-Moll aus, Lyrik in hoher Lage und hintergründiges Passagenwerk, dessen technische Finessen schwerelos vorüberzogen. Sehnsuchtsvoll funkelten die rhapsodischen Erzählungen. Leider ließ sich der Dirigent nicht auf das Konzept des Solisten ein, sondern setzte auf knalligen Breitwandsound, der den Solisten immer wieder überdeckte, zumal die tückische Saalakustik eine subtile Klanggruppenstaffelung im Orchester erfordert. Nach stürmischem Beifall spielte Quandt die Allemande aus der sechsten Bach-Suite – sensitiv und filigran. Wolfgang Pardey
Drei junge Stimmen und Orchesterklänge
Zweites Konzert des Kooperationsprojektes der MHL mit dem Lübecker Kammerorchester
Die Kooperation zwischen der Musikhochschule Lübeck (MHL) und dem Lübecker Kammerorchester (LKO) geht in die zweite Runde. Am Sonnabend, 11. März, ab 19.30 Uhr begleitet das LKO unter Leitung von Bruno Merse im Großen Saal der Musikhochschule drei Gesangssolistinnen der MHL. Sie präsentieren die hierzulande selten zu hörenden „Chants d’Auvergne“ des französischen Komponisten Joseph Cantelobe. Das LKO spielt außerdem Werke von Britten und Dvořák; weiterer Solist ist der renommierte Cellist Ludwig Quandt.
Die Gesangsstudentinnen Annemarie Wolf (Klasse Prof. Manuela Uhl), Lisa Ziehm (Klasse Isabel Schaarschmidt) und Meike Buchbinder (Klasse Birgit Calm) singen Canteloubes klangfarbige Arrangements französischer Volkslieder und malen dabei musikalische Landschaftsbilder. Der als „Barde der Auvergne“ bezeichnete Komponist sammelte Lieder seiner Heimat und gab sie in verschiedenen Sammlungen, Klavier- und Orchesterarrangements heraus. „Mich hat diese reiche Klangvielfalt sofort in den Bann gezogen“, sagt Sängerin Lisa Ziehm, die das Lied Baïlèro interpretieren wird. Canteloube schrieb es nieder, als er die Gesänge zweier Schafhirten belauschte, die sich über weit entfernte Bergweiden zusangen. „Die sphärischen Klänge versetzen einen in wunderschöne Naturlandschaften“, sagt Ziehm, die ebenso wie Meike Buchbinder gerade ihre Abschlussprüfung abgelegt hat.
Von Benjamin Britten erklingt „Four Sea Interludes from Peter Grimes“, ausdrucksstarke Orchesterzwischenspiele mit großem Schlagwerk, die Britten nach dem Erfolg seiner Oper zu einer Suite zusammenstellte. Expressiv vermittelt das Orchester die düstere und unberechenbare Gefahr des Meeres an der englischen Ostküste, die Wildheit der Natur und die bedrückte Seele ihres Protagonisten Peter Grimes. Der Fischer wird für den Tod zweier Fischerjungen verantwortlich gemacht und schließlich in den Selbstmord getrieben.
Zusammen mit dem Cellisten und MHL-Absolventen Ludwig Quandt präsentieren die Musiker dann noch das Cellokonzert h-Moll op. 104 von Antonín Dvořák. Erstmals 1896 in London aufgeführt, gehört es heute zu den berühmtesten Stücken des Violoncello-Repertoires.
Karten sind für 14 und 19 Euro (ermäßigt acht/zwölf Euro) in allen dem Lübeck-Ticket angeschlossenen Vorverkaufsstellen erhältlich. Restkarten gibt es eine Stunde vorher an der Abendkasse.
Der Sinnenreiz des Saxophonklanges
Ein neues Zeitalter bricht für das Lübecker Kammerorchester (LKO) an, das schon lange zu einem ausgewachsenen Sinfonieorchester avanciert ist und professionelle Musiker wie auch ambitionierte Amateure vereint. Das Konzert am 19. November eröffnete die Kooperation mit der Musikhochschule, die eine gegenseitige Unterstützung der musikalischen Arbeit umfasst. Hochschulpräsident Rico Gubler betonte einleitend, dass Soloauftritte von Hochschulstudierenden mit dem LKO einen willkommenen Praxistest ermöglichen und zudem die Hochschule dem Auftrag nachkomme, Musik und Gesellschaft zu verknüpfen. Dazu gehören Gemeinschaftsprojekte mit dem LKO und den Jugendorchestern – Bausteine in der Kulturlandschaft.
Im Großen Hochschulsaal präsentierte die junge Santa Bukovska aus der Klasse Gubler überaus schön Alexander Glasunows Saxophonkonzert Es-Dur. Die Lettin bezauberte mit raffiniert schweifender Melodik und warmer Fülle des Wohllauts, die in wilde Kapriolen mündete – ein virtuos hingepfeffertes Treiben voller technischer Perfektion. Die Saxophonerzählungen trug ein verlässliches Streicherfundament, dessen Faktur zwischen Romantik und Neoklassiszimus pendelt, kontrapunktisch klar gearbeitet ist und französischen Einfluss verrät. Im Pariser Exil schrieb Glasunow das Werk für den legendären Sigurd Rascher, der dem Instrument den Weg in den klassischen Konzertsaal bahnte. Unter Bruno Merses Leitung fanden die LKO-Streicher zu intensiv drängendem Ausdruck.
Begonnen hatte der Abend mit Wagners “Rienzi”-Ouvertüre, in der sich nach etwas zaghaftem Beginn martialische Klangballungen entfalteten, realisiert von schlagkräftigen Blechbläsern, blitzendem Holz und sonoren Streichern. Bruno Merse steuerte die Klangfluten, die sich konturiert entfalteten, in das noble Melos des Gebets-Motivs mündeten und schließlich volksfesthafte Züge annahmen. Tschaikowskys sechste Sinfonie “Pathétique” rundete das Konzert. Die musikalische Labilität des ersten Satzes erfuhr eine weit ausgreifende Interpretation zwischen Düsternis und Knalleffekt. Dirigent Bruno Merse leuchtete effektsicher Grazioso-Sphäre und manisches Getümmel in den Binnensätzen aus, bis das Finale in Larmoyanz erstarb. Hervorragend wirkten die Soli etwa von Klarinette und Fagott, der Samtglanz aller Streicher und die enorme Strahlkraft der Bläser. Ein großer Erfolg. Wolfgang Pardey
Die große Bühne für junge Musikstudenten – Kooperation zwischen Hochschule und Lübecker Kammerorchester
Geigen, Bratschen, Celli und Kontrabässe erfüllen den Raum mit ihrem Klang – und dann setzt die Lettin Santa Bukovska mit ihrem Saxophon ein, und die Luft scheint zu vibrieren. Dirigent Bruno Merse führt ein strenges Regiment: „Ich hör‘ euch nicht“, mahnt er. Wenig später fordert er „ganz wenig Bogen“ und rüffelt mit einem Lächeln: „Ihr seid zu spät“. Aber dann folgt kurz darauf ein dickes Lob: „Sehr gut“.
Das 1996 gegründete Lübecker Kammerorchester (LKO), ein ausgewachsenes Sinfonieorchester, das professionelle Musiker und ambitionierte Amateure zu einem hinreißenden Klangkörper vereint, probt im Carl-Loewe-Saal des Katharineums; und die Solistin ist die Erasmus-Studentin Santa Bukovska aus Riga, die einige Monate an der Musikhochschule Lübeck (MHL) studiert und begeistert ist von der Möglichkeit, die ihr hier geboten wird. Am nächsten Sonnabend hat die MHL-Preisträgerin im Großen Saal der Musikhochschule ihren großen Auftritt.
Die Musikhochschule und das Lübecker Kammerorchester haben ein einzigartiges Bündnis geschmiedet. Die Studenten können gemeinsam mit den Sinfonikern musizieren, vor großem Publikum auftreten und die unverzichtbare Bühnenluft schnuppern. Das Kammerorchester wiederum hat mit dem Großen Saal der Musikhochschule eine „weitere attraktive Auftrittsmöglichkeit in Lübeck“, betont Hagen Sommerfeldt, Hornist und Vorsitzender des LKO. Er freue sich über die Zusammenarbeit mit der MHL: „Unser Ziel und Anspruch war es stets, ein selbstverständlicher Bestandteil des Lübecker Kuturlebens zu sein. “ Die Musikhochschule hat zwar ein eigenes Orchester, kann aber, so Vizepräsident Prof. Dieter Mack, „nicht alle Instrumente so optimal besetzen, wie wir wollen“. Bruno Merse, Chefdirigent des LKO, der seine musikalische Karriere unter anderem als Konzertmeister der Lübecker Philharmoniker begann, will „jeden Musiker an seine Leistungsgrenze bringen“. Die künstlerischen Ansprüche dieses Kooperationsprojektes sind entsprechend hoch. „Die Studierenden müssen sich ihren Auftritt als Solisten in einem internen Wettbewerb erstreiten“, betont MHL-Sprecherin Susanne Pröbsting. So wie die Saxophonistin Santa Bukovska, die in der Klasse von MHL-Präsident Prof. Rico Gubler studiert. „Für junge Musiker ist der Wettbewerbsgedanke ganz wichtig. Das bringt sie weiter“, unterstreicht Dieter Mack.
Alle künfigen Konzerte werden von den beiden Kooperationspartnern gemeinsam erarbeitet. Rico Gubler: „Mit dem Lübecker Kammerorchester haben wir einen Partner gefunden, der unseren Studierenden unterschiedlichster Fachrichtungen wertvolle Erfahrungen im Rahmen ihrer Ausbildung ermöglicht.“ Denn die Lübecker Musikstudenten erhalten die Gelegenheit, als Dirigent, Komponist oder als Instrumental- oder Gesangssolist praktische Erfahrungen in der Arbeit mit einem Sinfonieorchester zu sammeln und zu vertiefen. Auch Dieter Mack steckt große Erwartungen in das Bündnis und ist begeistert: „Wann haben Studierende schon die Möglichkeit, eigene Orchesterstücke aufzuführen?“ Besonders reizvoll für die Studierenden sei auch, dass Solisten und Komponisten sich gemeinsam das Stück erarbeiten. Im Frühjahr beginnt ein Kompositionswettbewerb; die Aufführung ist ein Jahr später. Geplant sind zwei musikalische Projekte pro Jahr.
Start der Kooperation von MHL und Kammerorchester ist am Sonnabend das Konzert mit der Instrumentalsolistin Santa Bukovska. Die freut sich, bei der Zusammenarbeit mit den Sinfonikern „viele neue Dinge zu entdecken“.
Am Sonnabend, 11. März findet im Großen Saal der MHL das Frühjahrskonzert statt. Da betritt eine Gesangssolistin oder ein Gesangssolist die Bühne. Im Herbst kommenden Jahres schließlich haben zwei Studierende als Dirigent und Solist ihren Auftritt, und im Frühjahr 2018 schlägt die Stunde des Komponisten-Solisten-Teams. Torsten Teichmann
Begeisterung für die Musik
Das Lübecker Kammerorchester gehört zu den speziellen Ensembles, die das Musikleben der Region bereichern. Auf gleichsam professionellem Niveau spielen Instrumentalisten aus allen möglichen Berufen, Apothekerin, Chefarzt, Jurist, Lehrer, Angestellte; mit Musikstudium oder privater Ausbildung – allen ist die Kunst der Töne Herzenssache. Aus der kleinen Gruppe ist ein großbesetztes Sinfonieorchester geworden, das sich ein immer anspruchsvolleres Repertoire erobert hat und im Frühjahr sogar Strawinskys teuflisch schweres „Sacre du printemps“ erfreulich bewältigte. Zwei Konzertserien pro Jahr stehen auf dem Plan, mit vorausgehenden Probenblöcken. Nun war die selbstverwaltete Formation in der Waldorfschule zu Gast und begann mit Schumanns zerklüfteter „Manfred“-Ouvertüre. Wild trumpften die Einleitungsschläge im Tutti auf, dann entwickelten die Streicher und Bläser schön phrasierte Melodielinien, die sich zu einem Seelengemälde voller Zerrissenheit auswuchsen; düster und eindringlich. Chefdirigent Bruno Merse achtete auf Feinheiten von Dynamik wie Klangfarbe und führte mit dezidiert klarer Zeichengebung, forsch und anfeuernd. Als Solist war am 15. November Tobias Füller dabei, der Haydns Trompetenkonzert Es-Dur exquisit blies. Klangschön und beweglich durchmaß er die sprudelnde Thematik, ließ den Mittelsatz sensitiv schwingen und das Finale virtuos vorüberhuschen. Das Orchester spielte auch hier in einer 12er-Besetzung, ungewöhnlich bei Haydns filigranem Tonsatz, und hörte sich entsprechend massig an. Besser wirkte die Zugabe, in der Füllers Flügelhornkantilenen lasziv changierten und die Trompete strahlte. Rundum gelungen durchmaß das Orchester Elgars „Enigma“-Variationen, in denen die Klanggruppen auftrumpfen konnten. Der Komponist durchschreitet alle möglichen Ausdrucksstadien in Solo- und Tuttikombinationen, entwickelt tüftelige Satzstrukturen und bombastische Wirkungen. Den erheblichen Schwierigkeiten wurden Orchester und Dirigent famos gerecht. Elegische Jugendstilmelodik wechselte mit temperamentvollen Entäußerungen, bei denen schon mal der Taktstock durch die Luft sauste und das Becken, mit gerissener Lederschlaufe, lautstark zu Boden ging. Viel Beifall gab es für die Gesamtleistung und dann den „Nimrod“-Satz als Zugabe.
Wolfgang Pardey
Tiefe Leidensstimmung und Klangraffinessen
Lübecker Kammerorchester gastierte in der Tymmo-Kirche
Lütjensee [mapa]. Das Orchester war mit rund 75 Musikern um den Altar der Tymmo Kirche von einer Wand zur anderen verteilt. Zu Gast war unter der langjährig künstlerischen Leitung von Bruno Merse das Lübecker Kammerorchester. Weiterhin unter diesem Künstlernamen bekannt, ist es inzwischen zu einem Sinfonieorchester herangewachsen.
Mit unentwegt vorwärtstreibender, packender Interpretation und einem Nachhall in zweierlei Sicht, brachte der Klangkörper aufwühlende, wuchtige Kompositionen in die Kirche. Begonnen hatte das Konzert mit der „Fantasie-Ouvertüre Romeo und Julia“ von Peter Tschaikowski, bei der er sich von Shakespeares Tragödie, der tragischen Liebe und Zerrissenheit der beiden Liebenden, inspirieren lassen hat. Dem jungen Tschaikowski gelang es, die emotionalen Ebenen musikalisch zu pointieren und zu kontrastieren. Schon bei den ersten Akkorden in der schicksalhaft-leidenschaftlichen Welt wurde deutlich, mit welch langem Nachhall und extrem reflexionsreicher Akustik eine Kirche ausgelegt ist und ungewollte Effekte ins Spiel bringt. Nach dieser sehnsüchtig dramatischen Komposition zauberte der Konzertgitarrist Mirco Oldigs südländisches Flair mit einem Gefühl von Lebensfreude, Sonne und Urlaub in die Kirche. Zu hören war als Klangraffinesse von Joaquin Rodrigo „Concierto de Aranjuez“. Schnell gelang es dem Solisten, ob melodieführend oder als Begleitung zum Orchester, mit virtuosem Schwung das Publikum mit diesen „Ohrwurmklängen“ in Bann zu ziehen. Mit lockerer Geste entfachte er auf seiner Gitarre ein Feuerwerk der Töne, das er rhythmisch mitreißend und klangvoll melodisch gestaltete. Mal behutsam, dann wieder feurig — auch in den schwierigsten doppelgriffigen Passagen — schienen seine fliegenden Finger mit außerordentlich weicher Tongebung förmlich mit den Saiten zu verschmelzen, um der Gitarre herrlich verträumte Klänge zu entlocken. Während sich das Orchester bis dahin noch etwas zurückhalten durfte, stand mit der sechsten Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch noch Aufbrausendes bevor. So wurden mit Beginn der Pause schon die „lauten Töne“ angekündigt. Hier durften alle Instrumentengruppen, besonders die Bläser und das Schlagwerk, aus dem Vollen schöpfen. Nun bietet dieses bilderstürmerische und thematisch anspruchsvolle Werk viel Konflikthaltiges. Es durchlebt Schreckensjahre; denn es entstand während stalinistischer Unterdrückung in einer Zeit der akuten Lebensangst des Komponisten. Dieser befand sich zwischen Leben und Tod. Die tiefe Leidensstimmung hat er in seiner Musik herausgearbeitet und sie kryptisch auch seinen Sinfonien anvertraut. Entsprechend rhythmisch pulsierend, wuchtig, plastisch und farbig geht er dem Kern der Sache nach. „Viele meiner Werke befassen sich mit dem Thema des Krieges. Dies war leider nicht meine eigene Wahl. Es wurde mir von meinem Schicksal diktiert“, so die Erklärung des 1975 verstorbenen Komponisten. Das makellose Zusammenspiel der Musiker, auch die optisch beeindruckend anzusehende, lebendige Schlagtechnik des temperamentvollen Dirigenten beherrschte das Konzert und wurde mit Freude aufgenommen. So musste er nicht auf die Bremse treten oder anpeitschen, das Geschehen entwickelte sich wie von selbst. Mit heftigem Beifall bekundeten die mehr als 200 Besucher ihre Begeisterung und hätten gern noch eine Zugabe gehört.
Musik der Freundschaft
Lübecker und Pariser Orchester spielten gemeinsam.
Am Sonnabend kam es zu einem denkwürdigen Konzert in der Aula der Freien Waldorf-Schule Lübeck. Aus Anlass des 50. Jahrestages der Unterzeichnung des Freundschaftsabkommens zwischen Frankreich und Deutschland (,,Élysée-Vertrag“) hatte sich das Lübecker Kammerorchester mit dem französischen Orchestre Impromptu aus Paris zusammengetan. Die Musiker sind einander nicht unbekannt. So unternahmen sie bereits gemeinsam eine Konzerttournee durch China zum Jahreswechsel 2012/13, was die etwas eigenwillige Programmgestaltung erklären mag. Anfangs erklang Brahms‘ spätes Doppelkonzert a-moll für Violine, Violoncello und Orchester op. 102, das die Musiker mit vollem Einsatz und kräftigem Klang unter ihrem Dirigenten Bruno Merse angingen. Als Solisten waren der Konzertmeister der Lübecker Philharmoniker Carlos Johnson, Violine und der rumänische Cellist Rodin-George Moldovan engagiert worden. Dabei ergänzte der zurückhaltender und differenzierter agierende Carlos Johnson den mit großer Geste und leidenschaftlicher Hingabe musizierenden Cellisten, so dass beide Parts ganz im Sinne Brahms‘ zu einem Instrument zu verschmelzen schienen.
Im zweiten Teil umrahmten dann Frühlingsstimmen-Walzer, Tritsch-Tratsch-Polka und Radetzky-Marsch von Johann Strauß Sohn und Vater zwei Genrestücke chinesischer Komponisten: Li Huanzis Ouvertüre ,,Zum Frühlingsfest“ und Hams’s Oweens ,,Angry Birds“. Zum Schluss erklang die Filmmusik zu ,,Fluch der Karibik“, deren Stil und Ausdruckswelt so weit entfernt von den chinesischen Stücken gar nicht lag. Das Publikum im gut besuchten Saal war begeistert. Dieter Kroll
Dvorak und Brahms im Johanneum
Das Kammerorchester Lübeck ist zurück aus dem Reich der Mitte – und spielt heute wieder.
Deutsch-französisch-chinesischer Austausch: Gemeinsam mit ihrem Partnerorchester aus Paris, dem französischen Orchestre Impromptu, war das Kammerorchester Lübeck kürzlich in China. Während ihrer Konzertreise traten sie in verschiedenen Städten im Osten des Landes auf. Das 70-köpfige Orchester unter der Leitung des französischen Dirigenten Alain Charron führte sowohl bekannte Werke westlicher Musik als auch verschiedene chinesische Stücke auf. Darüber hinaus wurden dem begeisterten Publikum auch Ausschnitte aus Filmmusik und traditionellen chinesischen Volksliedern geboten. Absolutes „Highlight” der Konzertreise, so Wolfram Schmidt vom Kammerorchester, „war der Auftritt im Grand Theatre Wuxi, einem architektonischen und akustischen Vorzeigeprojekt, welches Ähnlichkeiten mit dem Opernhaus in Sydney aufweist”. Seit seiner Rückkehr aus China probt das Lübecker Kammerorchester an seinem Frühjahrsprogramm, das am heutigen Sonntag um 17 Uhr in der Aula des Johanneums zu hören sein wird. Auf dem Programm stehen die 7. Sinfonie von Antonín Dvorak sowie das Violinkonzert von Johannes Brahms. Solist ist Maxim Kosinov. Karten kosten zwölf Euro (ermäßigt sechs Euro) und sind an der Abendkasse zu erhalten.
Lübecker Musiker zu Gast in Paris
Kammerorchester spielte erstmals mit dem Orchestre Impromptu zusammen
Kurz nach der Wahl von François Hollande zum Präsidenten Frankreichs, nämlich am Himmelfahrtstag, hat das Lübecker Kammerorchester sein musikalisches Engagement für die deutsch-französische Freundschaft bewiesen. Es folgte über Himmelfahrt der Einladung des Pariser Orchestre Impromptu und interpretierte mit ihm zusammen unter der Leitung von Maxime Pascal in einer Kirche nahe des Eiffelturms vor mehreren Hundert Zuhörern die „Symphonie fantastique“ von Hector Berlioz. Neben Proben erlebten die Lübecker in der französischen Hauptstadt ein vielseitiges Besichtigungsprogramm sowie eine unglaublich gastfreundliche Aufnahme bei den französischen Musikern. „Am Ende waren sich alle einig, dass dieses erste gemeinsame Konzert als Beginn einer musikalischen Freundschaft zu sehen ist“, sagt Wolfram Schmidt, Mitglied des Lübecker Kammerorchesters. Was denn heißt: Die Freundschaft wird mit einem Gegenbesuch des Orchestre Impromptu 2013 in Lübeck fortgeführt: Schmidt: „Möglicherweise aber werden sich schon zuvor Musiker beider Orchester in Shanghai treffen, um dort auf eine organisierte Konzertreise mit mehreren Aufritten zu gehen.“
Die poetische Klarinette und ein Höllenspektakel beim Lübecker Kammerorchester
Längst ist das Lübecker Kammerorchester zu einem großen Sinfonieorchester gewachsen, in dem professionelle Musiker, teilweise in anderen Berufen beschäftigt, neben ambitionierten Amateuren sitzen und sich engagieren – das prägt die Atmosphäre. Probleme der Besetzungsfluktuation und die unendliche Organisationsarbeit lösen die Ensemblemitglieder in eigener Regie. Bei der Programmplanung solcher Formationen fällt auf, wie das übliche barocke und klassische Reperloire ins Hochromantische gewachsen ist, wie die Grenze der musikalischen Abenteuer immer weiter hinausseschoben wird: so auch beim gelungenen Konzert am 18. März in St. Aegidien.
Recht kurzfristig hatte Anna-Sophie Brüning – einige Jahre stellvertretende Konzertmeisterin der Lübecker Philharmoniker, nun erfolgreiche Dirigentin – die Leitung übernommen und die nicht eben einfache Werkfolge auf Hochglanz gebracht. Energisch und klar in der Zeichengebung trieb sie in Beethovens ,,Coriolan“-Ouvertüre die geballten Tuttischläge und die nervöse Unruhe voran, gab Melodieaufschwüngen Raum und ließ den Schluss nachdrücklich ersterben. Die Violinen dominierten über Gebühr in der tückischen Kirchenakustik, was auch durch die deutsche Orchesteraufstellung begünstigt wurde. Celli und Kontrabässe vorn rechts an der Bühnenrampe, nach amerikanischer Praxis, hätten das Klangbild gerundet. Hervorragend entfalteten sich die Blechbläser. während man den Holzbläsern getrost eine Podeststufe hätte spendieren dürfen. Webers zweites Klarinettenkonzert Es-Dur gehörte, nach hymnischem Orchesterbeginn, ganz Katharina Ruf, die schmelzendes Melos ins Spiel brachte, sonore Tiefe und feines Piano, Übergänge schwärmerisch ausmusizierte und im Finalsatz brillante Girlanden wirbeln ließ – virtuos gepfeffert. Ganz besonders gefiel die dunkle Farbmalerei des Klarinettentons im langsamen Satz, phantasievoll erzählende Eleganz voller Romantik. In die gefährlichen Abgründe einer Künstlerexistenz tauchte man bei Berlioz‘ Symphonie fantastique. Eine Glanzleistung des Orchesters, das unheilschwanger und leidenschaftlich die Träumereien auffächerte, dem Walzer manisch depressives Schweifen aufprägte und in der Landszene jedoch stellenweise etwas direkt wirkte, wo es doch eher auf eskapistisches Sehnen ankommt, mit fernem Grollen. Die opiumgeschwängerten Sätze spielte das Orchester unter der zupackenden Dirigentin aufwühlend. Zwar können die Besetzungsvorschriften des Komponisten kaum erreicht werden. Doch hilft die geniale Instrumentation. Raffinierte Streicherklangverschiebungen, das rasante Fagottsolo, Glocken und Schlagwerk, ausgezeichnete Blechbläser schlossen sich mit den übrigen Gruppen zu einem fabelhaften Gesamtklang mit Knalleffekt zusammen. (Wolfgang Pardey)
Der Musiksommer feiert einen glanzvollen Auftakt. Zwei Chöre, das Lübecker Kammerorchester sowie Solisten unter der Leitung von Bruno Merse gestalteten das Konzert.
Neustadt – Was für ein Auftakt! Der Kammerchor Neustadt (Einstudierung Andreas Brunion), das Lübecker Vokalensemble (Einstudierung Bärbel Barschkies) sowie das Lübecker Kammerorchester unter der Gesamtleitung von Bruno Merse schwangen sich im Eröffnungskonzert in der Stadtkirche Neustadt zu einer Leistung auf, die den Zuhörern zeitweise den Atem stocken ließ.
Das Programm begann mit der „Berliner Messe“, von Arvo Pärt einst als Auftagswerk 1990/91 zum Deutschen Katholikentag komponiert. Ob es nun das elegische „Kyrie“, das lebhaftere „Gloria“, das „Credo“ oder das darauf folgende, nachdenklich introvertierte „Sanctus“ waren, um dann mit dem ruhigen, sphärenhaften „Agnus Dei“ zu Ende zu gehen – die Vielfalt des Chorgesangs reichte von flehender Bitte über Warmherzigkeit bis hin zum letzten, nur gehauchten, sich verflüchtenden „Amen“ und ließ so eine geradezu spirituelle Aura entstehen.
Dirigent Bruno Merse schaffte mit den so wichtigen Augenblicken der Stille und des Innehaltens eine zutiefst beseelte Atmosphäre. Gleichzeitig demonstrierten sämtliche Mitwirkenden, dass man mit dem Minimalismus moderner Kirchenmusik das Publikum ausnahmslos fesseln kann.
Der mittlere Teil des Konzerts gehörte der sinfonischen Dichtung „Les Préludes“ von Franz Liszt, ein Werk, das wegen der Misshandlung durch faschistische Kriegspropaganda schwer gelitten hat und jahrzehntelang nicht aufgeführt wurde. Unter der Leitung seines Dirigenten Bruno Merse spielte das großartig besetzte und hier opulent musizierende Lübecker Kammerorchester das Stück kraftvoll, ausdruckstark, in jedoch nie nachlassender Transparenz.
Dem „Stabat Mater“ op. 53 von Karol Szymanowski gehörte der dritte und letzte Teil des Konzertabends. Mit der Sopranistin Vida Mikneviciute, der Altistin Ulrike Schneider sowie dem Bariton Antonio Yang kamen hier drei hervorragende Solisten zum Einsatz, denen es bewundersnswert gelang, mit ihrem Gesang Zartheit, Verhaltenheit, Dramatik, Mitgefühl und Religiosität zum Ausdruck zu bringen. Der Chorgesang erklang erneut zutiefst erschütternd. Für alle noch folgenden Aufführungen wird es schwierig werden, dieses Konzert zu übertreffen. (Renate Schley)
Frühjahrskonzert des Lübecker Kammerorchesters.
Das Lübecker Kammerorchester (LKO) füllt seit 13 Jahren im Lübecker Musikleben die Lücke zwischen professionellen Orchestern und Laien- oder Schülerorchestern. Es gibt Instrumental- und Musiklehrern, ehemaligen Berufsmusikern und versierten Laien die Möglichkeit, auf hohem Niveau anspruchsvolle sinfonische Werke unter wechselnden Dirigenten zu gestalten, so auch im diesjährigen Frühjahrskonzert am 28. März – einem Tag, an dem von Frühling noch wenig zu spüren war. Aber der Spielfreude der etwa 50 Mitwirkenden tat das keinen Abbruch. Etwas verhalten begann man mit Rachmaninows 2. Klavierkonzert, eines wegen seiner emotional bewegenden Themen und seines pianistisch reizvollen Soloparts immer wieder gern gespielten Konzertes. Als Solist war Martin Schumann zu hören, Professor für Klavier an der Hamburger Musikhochschule. Versiert überspielte er die Mängel des Schulflügels wie auch die akustischen Probleme, die sich aus der Platzierung des Orchesters entlang der Breitseite der Aula des Katharineums mit der auch für die Zuhörer unglücklichen Hörperspektive ergaben. Doch brachte man dank der akkuraten Dirigierweise Bruno Merses eine achtbare Aufführung zustande.
Bruno Merse, ehemals Geiger im Philharmonischen Orchester Lübeck, jetzt Solobratscher der Hamburger Symphoniker, arbeitete als Dirigent, auch als Solist schon wiederholt mit dem LKO zusammen. Für den zweiten Teil hatte er zwei weitere osteuropäische Komponisten gewählt. Zunächst war es der polnische Spätromantiker Moritz Moszkowski, dessen „Spanische Tänze“ für Klavier zu vier Händen Philipp Scharwenka für Orchester eingerichtet hat. Es sind delikate solistische Aufgaben darin zu bewältigen, die dem Orchester hörbar Freude bereiteten. Die anspruchsvollste Aufgabe des Abends war allerdings mit der Ballett-Suite zu bewältigen, die Igor Strawinsky 1919 aus seinem „Feuervogel“ zusammengestellt hat. Die feinen impressionistischen Klangwirkungen und impulsiven Tanzrhythmen bewältigte das Orchester mit Bravour. Auch hier konnten wieder etliche Mitglieder in solistischen Partien ihre besonderen Fähigkeiten zeigen. Viel Beifall gab es. Zum Dank wiederholte das Orchester den ausdruckstarken „Danse infernale“.
Anspruchsvoll und ansprechend.
Ein ansprechendes Programm hatte sich das Lübecker Kammerorchester für sein Frühjahrskonzert in der Aula des Katharineums gewählt. Aus Russland und Polen stammten die Komponisten. Sergei Rachmaninows (1873-1943) schwermütiges 2. Klavierkonzert von 1901, eines der beliebtesten Werke dieser Gattung, war dabei fürwahr kein Einspielstück. Doch hatte man mit Martin Schumann, Professor für Klavier an der Musikhochschule in Hamburg, einen versierten Solisten, der sich behauptete, auch wenn der Schulflügel kein optimales Instrument war. Und man kannte sich aus früheren Konzerten. So klappten die übergaben der Themen zwischen Orchester und Solist vorzüglich, etwa im ersten Satz, wenn das Klavier das Thema an die Celli weitergibt.
Dirigent Bruno Merse hatte das Orchester mit seinen mehr als 50 Musiklehrern, mit ehemaligen Berufsmusikern und versierten Laien wieder lobenswert vorbereitet. Die Streicher klangen warm, die Holz- und Blechbläser bewältigten ihre Aufgaben sicher.
Im zweiten Teil hatten die Musiker an den fünf „Spanischen Tänzen“, das Opus 12 des Polen Moritz Moszkowski (1854-1925), hörbar großen Spass. Es ist ein Werk der romantischen Sehnsucht nach Mediterranem, oft von osteuropäischen Komponisten in Töne gesetzt. Das Original für Klavier zu vier Händen hat der Musikpädagoge Philipp Scharwenka farbig für Orchester gesetzt.
Es bot eine Reihe von solistischen, sehr gut gemeisterten Aufgaben, wie auch Igor Strawinskis (1882-1971) „Feuervogel“, die anspruchsvollste Aufgabe des Abends mit den reizvoll impressionistischen Klängen, dem delikaten Satz und eruptiven Rhythmen. Besonders gefiel das zarte Gespinst der „Berceuse“ mit der ausgezeichneten Oboe. Langer Beifall war hochverdienter Lohn, eine Zugabe, der „Danse infernale“, Dank des Orchesters.
Kammerorchester mit großer Sinfonik.
Endlich Sonne! Dem Nassgrau dieser Novembertage setzte das so bescheiden benannte Lübecker Kammerorchester ein Programm der hellen, wärmenden Heiterkeit entgegen. Die „Italienische“ von Mendelssohn Bartholdy, seine lichtdurchflutete 4. Sinfonie, war der Mittelpunkt des Herbstkonzerts. Dabei zeigte sich deutlicher als zuvor, dass das Wort Kammerorchester untertreibt. Es ist ein ausgewachsenes sinfonisches Orchester, gut besetzt in den Streichern und vor allem mit einer edlen Blechbläsergruppe, die manchem Vergleich standhält. Schöne Stellen im strahlenden Mendelssohnschen A-Dur, die sich auch in der trockenen Akustik der Aula des Katharineums einigermaßen behaupteten: der Jubel des Beginns, der sanfte Hörnerklang im dritten Satz, das aufmunternde Finale im Rhythmus eines neapolitanischen Saltarello. Der jugendlich wirkende Dirigent Bruno Merse wusste hier die Damen und Herren, Musiklehrer zumeist und profilierte Laien, zu begeistern. Begeisterter Applaus in der Aula blieb da nicht aus.
Hochachtung für Carlos Johnson. Der Konzertmeister der Lübecker Philharmoniker war sich nicht zu schade, hier als Nummer eins dabei zu sein. Er adelte das Kammerorchester mit einem erstklassig gebotenen Paganini. Das 2. Violinkonzert des italienischen Virtuosen wurde durch ihn zum brillanten Ereignis. Das ohnehin auf die Spitze getriebene, nahezu unspielbare Solistenkonzert machte ihm keinerlei Schwierigkeiten. Mit phantastischen Doppelgriffen und gewagten Flageoletts tanzte Johnson wie ein Artist auf der Geige. „La Campanella“ (das Glöckchen) wird Paganinis höchst anspruchsvolles Werk genannt. Mit diesem Solisten und dem ihm zuarbeitenden Orchester erklang voller Glockenton.
Spätromantik in sanften Harmonien: Felix Woyrsch neu entdeckt.
Wer kennt den Komponisten Felix Woyrsch noch ? Der Unbekannte aus Altona (1860-1944) hat immerhin ein umfangreiches Werk hinterlassen – sieben Sinfonien, drei Opern, viel Kammermusik, Oratorien, Lieder in Fülle. Und er war einer der nicht sehr zahlreichen schöpferischen Musiker Schleswig-Holsteins. Denn als er mehrere Jahrzehnte als Chorleiter, Organist und Musikdirektor in Altona amtierte, war das noch eine selbständige Stadt in Schleswig-Holstein. Alles half nichts gegen das Schicksal, ins Vergessen abzurutschen. Das Lübecker Kammerorchester aber war auf einem guten Wege, als es das Konzert im Katharineum mit zwei Werken von Woyrsch (gesprochen: Worsch) eröffnete.
Feine, tief atmende Spätromantik in sanften Harmonien und cremigen Farben – eine liebenswürdige Entdeckung. Nach Böcklins berühmtem Gemälde entstand die matt getönte „Toteninsel“. Die erweiterte Kammerbesetzung konnte den Wert des Orchesterstücks eindrücklich beweisen und damit zeigen, daß es sich überhaupt lohnen würde, mal auf Felix Woyrsch zurückzugreifen.
Ein geradezu üppiges Programm führte danach den Fleiß und die Ambitionen des Orchesters vor. Chopins f-Moll-Klavierkonzert entfaltete mit dem hervorragenden Hamburger Klavierprofessor Martin Schumann die männliche Kraft und Würde des schönen Werks. Und wer befürchtet hatte, ein Kammerorchester könnte sich mit der Fünften von Beethoven verheben, sah sich erfreulich getäuscht. Unter dem jungen Dirigenten Bruno Merse entwickelten die Lübecker Musiklehrer, der harte Kern der musizierenden Gruppe, ein energisch durchgehaltenes Tempo bis zum mitreißenden Wirbel des letzten Satzes. Die Freude über den enormen Applaus war danach groß.
Am Sonntagnachmittag bewies das Lübecker Kammerorchester in St. Aegidien, dass seine Benennung eine Untertreibung ist. Es ist durchaus ein regelrechtes Sinfonieorchester, nur eben in kleinerem Format… Mit der schönen achten Sinfonie von Antonin Dvorak hatte sich das Orchester ein Stück Arbeit verschrieben, bei dem zu fürchten war, es könne die Kräfte übersteigen. Doch das anspruchsvolle Werk ist in vielen Teilen sogar glänzend geschafft worden. Der junge Dirigent Till Drömann war dafür ein exakter Impulsgeber. Die exakten und zugleich temperamentvollen Blechbläser fanden den erfrischenden Folkloreton oft besser als die Streicher, die für die sinfonische Erzählhaltung zu wenig Volumen hatten. Das gilt ebenso für das reizvolle Violinkonzert Nr. 2 von Sergej Prokofieff.
Bruno Merse gestaltete den Solopart mit Elan und übermittelte voller Freude die geigerischen Einfälle…“Ein Sonnenaufgang“ nennt der 1964 geborene Klaus Heilmann sein Werk. Lyrische Stimmungsbilder in verschwimmenden Farben werden ergänzt vom rhythmischen Selbstbewußtsein vornehmlich der Holzbläser. Das Stück hat musikalische Substanz, die man in größerem Rahmen gern wiederhören möchte.
Das Lübecker Kammerorchester hat Grund zum Feiern. Es ist zehn Jahre alt geworden. Am vergangenen Sonntag hat das Orchester in einem Konzert in St. Aegidien seinen Stil und seine Klasse unter Beweis gestellt. Auf dem Programm standen Modest Mussorgskis „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“, das Violinkonzert von Philip Glass, Bachs Toccata und Fuge in d-Moll (im Original für Orgel und in der Orchesterbearbeitung von Leopold Stokowski) und Camille Saint-Saens‘ Orgelsinfonie Nr. 3 in c-Moll.
Unter der Leitung von Bruno Merse erklang ein bedrängender Mussorgski, düster und dicht, eine Musik, die nur zum Schluss ein wenig Hoffnung gibt. Merse dirigierte exakt und dynamisch, hatte dabei immer eine angenehme Ausstrahlung, die sich auf die Musiker übertrug.
Bachs Toccata und Fuge in d-Moll ist ebenfalls ein aufwühlendes Stück. Kraftvoll setzte Klaus Meyers es in Szene. Im Mittelteil lief dann nicht alles rund. Dennoch hat der Organist die Vielschichtigkeit, das Mächtige, aber auch Zarte des Werkes herausgearbeitet. Die Orchesterversion zeigte dann, wie eine andere Besetzung ein Klangbild verharmlosen kann, denn die Endzeitstimmung, die dieser Musik anhaftet, kann nur die Orgel hervorrufen.
Langen Beifall gab es für den Solisten des Violinkonzertes: Florin Iliescu studiert in Lübeck in der Klasse von Christiane Edinger. Sein weicher, schön geführter Violinklang war beeindruckend. Als großes Finale erklang Saint-Saens‘ Orgelsinfonie, in der das Kammerorchester die Register seines Könnens noch einmal ziehen konnte. Der große Streicherklang, die üppige Bläserbesetzung, ergänzt von Orgel und Klavier und das aller zusammengehalten von einem charismatischen Dirigenten beschlossen einen gelungenen Abend.
Der runde Orchesterklang, die stimmliche Ausgewogenheit des Chores und die sehr gute Programmgestaltung ließen das Konzert in St. Aegidien zu einem französisch angehauchten Genuss werden. Unter dem Titel „Frankreich und Paris“ präsentierten das Lübecker Kammerorchester und der Chor St. Johannis aus Hamburg-Altona überwiegend spätromantische und impressionistische Werke. Die Leitung hatte Mike Steurenthaler, dessen Bewegungen nichts Überflüssiges zeigten, aber auch nicht übertrieben sparsam wirkten…
Vorzüglich … spielten die beiden Solisten: Adrian Iliescu (Violine) und Sigrid Strehler (Violoncello). Die Cellistin interpretierte Gabriel Faurés „Elegie für Violoncello und Orchester“ klangvoll und beseelt. Adrian Iliescu erhielt für Ernest Chaussons „Poème für Violine und Orchester“ viel Beifall. Er hatte das Werk ausdrucksstark und lebendig gestaltet. Und auch bei ihm war die innere Beteiligung zu spüren, also eine Musikalität, die nicht nur reproduzierte, sondern das Werk neu entstehen ließ.
Der zweite Teil gehörte überwiegend dem Vokalensemble. Die Atmosphäre veränderte sich, wurde feierlicher…Im letzten Werk des Abends zeigten die Sänger … ihre Vielseitigkeit: In César Francks „Psalm 150“ bereicherte der akkurat und ausgewogen singende Chor die romantischen Orchesterklänge.
Das Lübecker Kammerorchester…sieht es als seine ebenso schöne wie dankbare Aufgabe an, seltene Sinfonik und vergeßene Chorwerke aufzuführen. Das war auch wieder am Sonntag zu erleben, als ein reizvolles Programm viele Hörer in St. Aegidien versammelt hatte. Wann etwa ist die balladeske „Landerkennung“ von Edvard Grieg einmal zu erleben ?…Grieg hat die Heimfahrt des mittelalterlichen norwegischen Königssohnes in Musik gesetzt. Olav, in Russland aufgewachsen, kam per Schiff in seine Heimat, und als er die norwegische Küste erkannte, überwältigte ihn die Freude: „Auf tat sich’s Land in Frühlingspracht“.
Das Kammerorchester spielte sie unter der straffen Leitung von Mike Steurenthaler mit großem Ton und gab seine Freude daran an den Chor von St. Johannis aus Hamburg-Altona weiter. Die zumeist jungen Sängerinnen und Sänger hatten zuvor in einem Chorwerk von Brahms, dem berühmten „Schicksalslied“ nach Hölderlin, den schwermütigen Ernst der selten aufgeführten Komposition kraftvoll übermittelt…
Das Orchester bewies seine Kompetenz vor allem in dem unterschätzten Cellokonzert op. 85 von Edward Elgar. Der Solistin Sigrid Strehler von der Lübecker Philharmonie, vor drei Jahren mit dem Furtwängler-Förderpreis ausgezeichnet, kam damit eine außerordentliche Aufgabe zu. Sie meisterte sie mit einer ihr eigenen spielerischen Eleganz. Die „Tragische Ouvertüre“ von Brahms, das von anderen Orchestern gern gemiedene dunkle Gegenstück zur auftrumpfenden Akademischen Festouvertüre, ergänzte das Programm.
Eröffnet worden war es von einer Suite englischer Volkslieder in den harmonischen Effekten von Ralph Vaughan Williams. Sie waren einst einer Militärkapelle in die Notenhalter gegeben worden, und es war sicher etwas Seltenes, dass Marschmusik in tüchtigen Rhythmen durch St. Aegidien klang.
Trotz eines an Musik- und anderen Kulturangeboten reichen Sonntagabends war die Aegidienkirche gut besucht beim Konzert des Lübecker Kammerorchesters. Die Zuhörer wurden nicht enttäuscht, denn dieses Orchester, das zwar kein Laien-, aber doch ein Freizeitorchester ist, bot (in kaum noch kammermusikalischer Besetzung) beachtliche Leistungen.
Bruno Merse, sonst Zweiter Konzertmeister der Lübecker Philharmoniker, leitete es sicher – voller Energie erklangen Griegs Sinfonische Tänze und angemessen elegisch Samuel Barbers Streicher-Adagio. Woran es mitunter fehlte, das waren die dynamischen Kontraste – auch wenn zugestanden sei, dass die Kirchenakustik die Gestaltung von Details nicht leicht machte…Etwas akademisch klang das bei Oliver Grönewald in Auftrag gegebene Posaunenkonzert – trotz aller Jazz-Anklänge. Das war aber eher ein Problem der Komposition als des Orchesters oder des vorzüglichen Solisten Laszlo Pete. Im Ganzen ein hörenswertes Konzert.
Kanada hieß der Länderschwerpunkt beim Konzert des Lübecker Kammerorchesters (LKO). Gleich zwei Uraufführungen standen auf dem Programm unter Leitung des kanadischen Dirigenten Frank Klassen in St. Aegidien. Da war zum einen die „Abschiedssinfonie“ des Friedhelm-Döhl-Schülers Peter Heeren, zum anderen die von Reiner Schult geschriebene Orchesterfassung von Oscar Petersons „Canadiana Suite“, mit der das Konzert swingend beendet wurde…
Acht kleine Sätze instrumentierte Reiner Schult nach Oscar Petersons „Kanadischer Suite“ von 1964 speziell für das groß besetzte LKO, das mit starker Bläsersektion zur Bigband wurde. Der Komponist reist mit dieser Musik durch Kanadas Landschaften – und da wippte in der Kirche schon mal ein Fuß mit, wenn zu Swing, Blues, Bop oder Square Dance eingeladen wurde.
Unterhaltend war die Verknüpfung verschiedener musikalischer Welten in Janis Kalnins „New Brunswick Rhapsody“: Vom Heulen der Stürme bis zum Kontrast von Militärmusik und Tanzkapelle bescherte das bestens vorbereitete Orchester abwechslungsreiche Klänge…Abgerundet wurde das vielseitige Programm unter der inspirierenden Leitung von Frank Klassen durch Dvoraks „Amerikanische Suite“ von 1895.
Das Marner Konzertpublikum ist von seinem komponierenden Kantor so Einiges gewohnt: Doch nun griff Peter Heeren in die hohe Schule des Symphonischen – und es wurde ein voller Erfolg. Die gesamte Programmzusammenstellung des Abends war so ungewöhnlich wie interessant. Der Gastdirigent des Lübecker Kammerorchesters, Frank Klassen, hatte aus seiner Heimat Kanada Musik im Reisegepäck, die hierzulande selten oder gar nicht zu hören ist.
Das Orchester gab zu Beginn sogleich eine beeindruckende, farbige Visitenkarte bester Filmmusik ab. In großer Orchesterbesetzung mit Schlagwerk erklang „Fall Fair“ von Godfrey Ridout. Der Dirigent wußte seinen Klangkörper in der großen Kirchenakustik präzise zu führen und schoss ein Feuerwerk der verschiedensten Orchesterklangfarben ab…
Das Publikum war aber vor allem wegen der Uraufführung von Peter Heerens „Abschiedssinfonie“ erschienen…Genau so wie die Rhythmen und Harmonien der kanadischen Kompositionen ihren amerikanischen Einfluß nicht leugnen, kann Peter Heeren sich dem Einfluß der so genannten 2. Wiener Schule nicht entziehen. Doch nicht das kopierende Nacheifern nach sinfonischen Effekten ist Heerens kompositorische Stärke, vielmehr führt er in subtilster Manier den Zuhörer in Klanglandschaften von bisher nicht gehörter plastischer Mystizität…Der Soloviolinist im ersten und zweiten Satz, Ian Mardon, brachte mit Eindringlichkeit und wundervollem Ton emotionale Tiefe in das ruhige Gesamtwerk…
Mit der Uraufführung des Konzertes für Kammerorchester des Lübecker Komponisten Reiner Schult erregte das Lübecker Kammerorchester in seinem Konzert… in der Aegidienkirche Aufsehen. Das viersätzige schillernde Werk erlaubte dem Orchester, alle Klangfarben des kompletten Bläsersatzes sowie der erfahrenen Streicher zu entfalten. Witzig, modern, aber dennoch melodisch kam das Stück bei den Zuhörern hervorragend an. Der Döhl-Schüler Reiner Schult konnte den Dank des Publikums und des Orchesters direkt entgegennehmen, denn er ist selbst Angehöriger des seit 1996 existierenden Klangkörpers.
Das Lübecker Kammerorchester hat sich zum Ziel gesetzt, sowohl die traditionelle klassische Musik zu pflegen als auch zeitgenössische Musik zu Gehör zu bringen. Es zeigte daher auch bei der Aufführung der 2. Sinfonie von Beethoven und des 3. Hornkonzerts von Mozart seine hohe Professionalität und Spielfreude.
Mit dem gleichen Programm konzertierte das Orchester einen Tag zuvor…in der Basilika in Altenkrempe bei Neustadt. Diese mittelalterlichen Gemäuer mit einer hervorragenden Akustik boten den Werken ebenfalls einen würdigen Rahmen.
Der für dieses Projekt engagierte Dirigent Bruno Merse motivierte das Musikerensemble zu Höchstleistungen. Gutes Gespür für die Leichtigkeit und den Jagdeifer in Mozarts 3. Hornkonzert zeigte der Solist des Abends, Hendrik Wächter…
Expressiv, klangreich und phantasievoll komponiert ist das Konzert für Kammerorchester des 43-jährigen Lübecker Komponisten Reiner Schult. Frisch und mit viel Elan gestaltete das Lübecker Kammerorchester unter Leitung von Bruno Merse die Uraufführung des für die Musiker schwer zu spielenden Werkes in der Basilika Altenkrempe.
Reiner Schult, als Violinist im Orchester, nutzt im Konzert barocke Formen und verfremdet auch barocke Motive. Er mischt tonale Klänge mit Reihentechnik, schätzt Symmetrie, Tonschichtungen und kraftvolle Klangfarben. Er hat Gedanken und Gefühle in Töne gesetzt und Musik geschrieben, die kaum aggressiv ist, nicht langweilt, sondern ins Ohr geht. Mit großem Können spielten Bläser, Streicher, Schlagzeuger ihren Part, energisch, fordernd und vorwärtsdrängend von Bruno Merse geleitet. Schmetternder Bläserklang mischte sich mit der Streichermusik in der Sinfonia. Imposant hat Schult seine Fuge komponiert. Die gegensätzlichen Variationen gingen über in ein mit Verve gespieltes Rondo.
Musizierfreudig erklang auch das Konzert für Horn und Orchester Nummer 3, Es-Dur, …von Wolfgang Amadeus Mozart… Die Lübecker arbeiteten die kühnen Harmonien und die farbige Instrumentation gut heraus, sie gestalteten die Romanze des Mittelsatzes voller Empfindungen. Schwungvoll erklang dann das Allegro. Der in Lübeck studierende Hendrik Wächter blies sauber, gefühlvoll und mit sattem Klang das Horn.
Ein herrlicher Schluss war dann die 2. Sinfonie D-Dur…von Ludwig van Beethoven…Mit Konzentration und offenkundiger Freude am Zusammenspiel ließen die Lübecker das sieghafte Hauptthema des Adagios erklingen und die von wechselnden Instrumenten vorgetragene friedliche Melodie des zweiten Satzes in einen ländlichen Tanz übergehen. Dem ausgelassenen Scherzo mit dem fröhlichen Wechsel von Bläsern und Streichern folgten die hymnischen Klänge des Schlußes. Lange applaudierten die Zuhörer und dankten dem Orchester für ein herrliches Konzert.
Wie reichhaltig die Lübecker Konzertszene ist, konnte einmal mehr am Sonntag beim Konzert des Lübecker Kammerorchesters in der gut besuchten Aegidienkirche erfahren werden…Das Lübecker Kammerorchester setzt sich zusammen aus Studierenden, musikbegeisterten Laien und alterfahrenen Berufsmusikern, verfügt insgesamt aber über einen ausgesprochen „jungen“ Klang, der sich voll und weich, leicht und durchsichtig (herausragend die Holzbläser), manchmal etwas zögerlich und vorsichtig in der halligen Kirchenakustik entfaltete…Die aparte Programmzusammenstellung gewährte Aufschlüsse über Nebenbereiche des Schaffens von Glinka, Dvorak und Borodin…